Kardamom – im Westen (noch) verschmähte Königin der Gewürze

„Mit Aussnahme von Pfeffer und Kardamom, deren Vermarktungsrechte  ausschließlich der Englischen Krone in den Kolathiri Provinzen (heute nördliches Kerala, Südindien) gehören, kann jeder Händler jedes andere Gut vertreiben.“ So hieß es knapp und überdeutlich in einem Abkommen, welches der oberste Chef der Englischen Ostindien-Gesellschaft, Stephen Law am 16. Februar 1737 dem damaligen Maharaja von Bedanur (heute Mangalore, Südindien) aufzwang.

Pfeffer kennen und nutzen wir alle beinahe täglich. Aber Kardamom? Warum wird dieses im Westen nahezu unbekannte, hier in den tropischen Bergen Südindiens beheimatete Gewürz im gleichen  Atemzug genannt?

Einst soll das betörende Aroma des Indischen Kardamoms Frieden gebracht haben zwischen der Königin Sheba und König Salomon. Sein Duft wehte angeblich schon durch die königlichen Gemächer von Cleopatra. Jahrtausende bevor die Briten beschlossen, dass es zu kostbar war, um andere damit handeln zu lassen, waren es die Flotten der Phönizier, Griechen, Römer, Chinesen, Araber und später die der Portugiesen, Holländer und Franzosen, die an den Küsten Südindiens landeten, um eben diese Fracht aufzunehmen. Nicht selten taten sie es, wie später die Briten, nach ihrem jeweiligen Verständnis von Handelsfreiheit und häuften damit erhebliche Reichtümer an.

Seit alters her ist Kardamom in weiten Teilen Asiens ein vielseitig genutztes Gebrauchsgut mit hohem medizinischen Wert. So zumindest geht aus alten Texten der ayurvedischen Heilkunst wie „Charaka Samitha“ oder „Sushruta Samitha“ hervor.

In den arabischen Ländern ist Kardamom unabdingbarer Bestandteil bei der Zubereitung des „Kahwa“, des starken (und süßen) Kaffees, der jedem Gast angeboten wird. In vielen Küchen Asiens, sowohl traditionellen wie auch modernen, würden Sie ohne Kardamom der entscheidende Touch vermissen.

In den westlichen Ländern hingegen findet man ihn heute leider nur im saisonalen Weihnachtsgebäck sowie in der Herstellung verschiedener Wurstsorten. Welch eine Ignoranz! Oder ist es einfach nur Unwissen?

Kardamom, wie wir ihn kennen, so wir ihn denn überhaupt kennen, ist die getrocknete Frucht einer Pflanze, die in den Bergen der südindischen Western Ghats beheimatet ist. Diese treibt unter den dortigen klimatischen Bedingungen robuste Farnwedel mit einer Höhe von bis zu drei Metern aus. An deren Fuß unmittelbar über dem Boden bilden sich Samenstände aus, welche die aromatischen Früchte tragen. Aufgrund der optimalen klimatischen Bedingungen können sich die Farmer rühmen, die besten Qualitäten dieses Gewürzes weltweit anzubauen. So dominieren die in ihrer geografischen Herkunft geschützten Sorten Alleppey Green Cardamom und Coorg Green Cardamom sowohl den indischen wie auch den internationalen Markt. Nur 10 Prozent der in Indien erzeugten Qualitätsgewürze erreichen derzeit den internationalen Markt, wo sie damit immerhin einen Marktanteil von 30 Prozent erzielen. Wer rechnen kann und sich im Gewerbe auskennt, ahnt die Chancen für die Anhäufung neuer Reichtümer durch nur eine moderate Ausdehnung des Weltmarktes…

Unersättliche Pfeffersäcke dieser Welt aufgewacht! Eure Vorväter waren cleverer!

Dies nur mal so am Rande. Als Radfahrer mit wirtschaftlicher Expertise komme ich halt so auf Gedanken… Zurück zu unserem „Geschäft“. Es ist immer wieder ein Fest für die Sinne, wenn wir bei unseren Radtouren durch diese schattigen, stillen und von einem markanten Grünton geprägten Plantagen rollen. Oft vernehmen wir das Summen abertausender Bienen, die hier fleißig ihr Werk verrichten und zuverlässig für die Bestäubung sorgen. Das hier reichlich vorhandene Wasser, der Wind und die vielfältige Vogelwelt tun ungefragt das Übrige für optimale Vegetationsbedingungen.

Hauptsächlich findet die Produktion dieses Juwels unter den Gewürzen in den drei südindischen Unionsstaaten Kerala, Karnataka und Tamil Nadu statt, genau dort, wo wir in der europäischen Winterzeit auf dem Sattel sitzen.

Hier ist auch ein neuer Trend zu beobachten, welchem sich neben anderen unser Partner Josey auf seiner Plantage im Kardamom-Herzland nahe Nedumkandam auf dem Grat der Western Ghats verschrieben hat – der des biologisch nachhaltigen Anbaus dieses Juwels. Er, wie andere auch, verzichtet auf den Einsatz von Dünger und chemischen Mitteln zur Schädlingsbekämpfung. Er hält auf der Plantage eine Gruppe von Rindern ausschließlich zur Vertilgung von nicht benötigtem Grün und der Gewinnung von Dung, welcher gezielt den Pflanzen zugeführt wird. Auch werden wieder bewusst lange nur als „Unkraut“ geltende Pflanzen zwischen die Hauptkultur gepflanzt, da sie schädliche Insekten fern halten.

Leider gestaltet sich die Vermarktung des nachhaltig angebauten Kardamoms derzeit noch schwierig. Von der Ertragsmenge her liegt er deutlich unter dem traditionell angebauten. Der zwar höhere, aber nicht ausreichende Verkaufspreis allein reicht noch nicht aus, wirklich erfolgreich am Markt agieren zu können. Die Verbraucher in den traditionellen Ländern sind noch nicht bereit, für diese Qualitäten entsprechend mehr zu bezahlen und in den westlichen Märkten fehlt schlichtweg das Wissen und damit die notwendige Nachfrage nach diesem auch gesundheitsfördernden Produkt.

Egal. Alle, die mit uns auf Tour durch die Western Ghats gehen, nehmen garantiert das hier geschilderte Wissen, das unvergessliche Bild der Plantagen in den Bergen und einige der Früchte mit nach Hause und werden so zu Botschaftern dieser so wertvollen wie nützlichen Frucht. Ich prophezeie nach dem gegenwärtigen (berechtigten) Höhenflug des Ingwer in der westlichen Küche in absehbarer Zukunft auch den des Kardamom voraus! Wetten das…?

Investieren Sie jetzt, wenn Ihnen daran gelegen ist…oder begleiten Sie uns vielleicht besser vorerst auf einer unserer Radtouren durch die Heimat dieses und vieler weiterer Gewürze!

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