Zwischen hier und dort

Abreise

Womit nur beginnen? Wohl mit dem Anfang der Reise, der Abreise also, wenn einem nichts Originelleres einfällt. Anfang Mai 2014 auf dem Wege nach Kathmandu/Nepal ist das durchaus spannend und zumindest für den „wandernden“, Rad fahrenden, nicht Auto besitzenden oder sonst PKW-fixierten Leser vielleicht auch interessant. Oder es ist es noch viel mehr für die am gegenüberliegenden Ende der Skala, ergo der übergroßen Mehrheit unserer seltsam mobilen und dabei immer mehr verfettenden Gesellschaft.

Längere Beschreibungen meines unorthodoxen  Auf-den-Weg-machens noch zu Hause, also des Packens meiner Sachen bleiben hier besser außen vor. Nicht jedoch verschweigen möchte ich den knapp 3 km langen Marsch in Bergisch Gladbach zur nächsten Straßenbahn-Haltestelle mit 2 Rucksäcken. Verwunderte und nicht mehr so junge Autofahrer haben ob meines Anblickes mehrfach Auffahrunfälle so eben noch vermeiden können. Dabei bin ich nur einfach gelaufen, so wie die Natur es uns doch vorgegeben hat. Ich habe mich jedenfalls trotz der 18 kg auf den Schultern toll gefühlt. Ob es meinen Beobachtern ebenso erging?

Dann hatte Verena für mich auf dem Weg zum Flughafen Frankfurt erstmals einen Platz in einem der relativ neu verfügbaren Fern-Reisebusse ab Köln-Deutz gebucht. Es war ein knallgelber! Kein Kanarienvogel, aber ein Joint Venture von ADAC und der Deutschen Post, etwas wie eine Wiederauflage der mir nur noch aus Grimms Märchen oder Goethes Reisebeschreibungen bekannten guten alten Postkutsche in der zeitgemäßen Form des 21. Jahrhunderts. Allerdings wird sie wohl damals in den seltensten Fällen so kanariengelb daher gekommen sein. Ausgebucht war er überhaupt noch nicht, aber enorm günstig – acht Euro im Vergleich zu 61,- !!! für den ICE auf der gleichen Strecke. Dazu fährt man viel ruhiger, sieht mehr und hat, wenn man sich denn wie ich darauf einlässt, tolle Gespräche mit attraktiven und klugen Mitreisenden.

Wir sind zwar erst wenige, aber wenn das Volk der oft im Stau steckenden, gar nicht mehr so freien Autofahrer wieder gewahr wird, dass es ja mal das der Dichter und Denker genannt wurde, wird es sicher auch im Bus wieder anders. Doof sind wir Germanen ja nicht, kostenbewusst allemal und ich dann später wohl wieder der ewige Radfahrer? Schau`n wir mal, dann seh`n wir weiter, höre ich einen bekannten Bajuwaren jetzt aus seinen kaiserlichen Höhen granteln…

Abflug 

Lustig bleibt es dann auch auf dem Frankfurter Flughafen. Mein extrem günstiges Ticket nach Nepal schickt mich zunächst seit langer Zeit wieder einmal an den hiesigen Lufthansa-Schalter. Die wollen erst gar nicht mit mir. Ein freundlicher dunkelhäutiger Herr babbelt mir im herrlichsten Hessisch dann doch noch den Weg zu einem einzigen offenen Check-In-Schalter. Die Dame hier mag es nicht glauben, dass ich wahrhaftig ihre Dienste in Anspruch nehmen will. Nachdem sie die Komplexität meines Tickets studiert und begriffen hat verstummt aber auch sie. Nach telefonischen Konsultationen bereitet sie mich darauf vor, dass mein Gepäck ganz sicher nicht komplett nach Kathmandu – „Ist das nicht gefährlich? Da wollen sie wirklich hin?“ – durchgecheckt werden könne. Aber genau deswegen bin ich ja bei ihr, und schneller als von uns beiden erwartet, checkt „das System“ mich genau dahin durch. Ha! Ich nehme es zur Kenntnis, sie aber ist sprachlos und bleibt auch nach mehrmaligem Lesen der Bordkarten und der Banderolen für das Gepäck unsicher. Zumindest bestätigt sie mir, dass es für einen derart seltenen Gast wie mich angezeigt sei, sich ebenso wie ich es ungefragt tat, zu verhalten und eben nicht online einzuchecken.

Ihre Frage, ob ich denn über ein gültiges Indien-Visum verfüge, verneine ich wahrheitsgemäß, da ich es ja als Transit-Reisender nicht benötige. Sie hält daraufhin die bereits ausgedruckten Bordkarten zurück und vergewissert sich telefonisch erneut, dass sie auch keinen Fehler mache, wenn sie mir das Papier aushändigt. Irgendwann erhält sie grünes Licht, wünscht mir alles im Leben Gute und beichtet mir, dass ich ihr erster Kunde sei, den sie auf eine – aus ihrer Sicht –  derart unsichere Destination gebucht hat. Ich danke ihr freundlich und entnehme ihren Blicken, dass sie wohl nicht mit einem glücklichen Ausgang meiner Unternehmungen rechnet. Sei es drum!

Der erste Abschnitt bis London-Heathrow wäre wieder eine kleine Geschichte wert, allein wegen meiner freundlichen slowakischen Nachbarin und ihrer knapp einjährigen Tochter, die ich aushilfsweise betreuen durfte. Kurz, wir, besonders die Jüngste, haben etwas mehr als den üblichen Stress auf dem kurzen Flug, kommen aber dann doch alle optisch gut und wohl riechend auf der Insel an. Den wartenden stolzen Papa und die Großeltern wird es freuen.

In Heathrow ist es ob des großzügigen Zeitfensters kein Problem, meinen entfernten Terminal zu finden. Nachdem ich dann den gesamten Bereich zweimal abgewandert bin, lasse ich mich von zwei Chinesen überreden, auch eines von diesen furchtbaren Insel-Bieren zu bestellen. Ich wähle ein Bitter, bin mir zunächst aber nicht bewusst, dass dies mehr als auf den – nicht wirklich vorhandenen – Geschmack noch auf den Preis zutreffen sollte. Kurz danach gibt es Aufregung unweit von uns. Der für uns zum Abflug nach Delhi bereit stehende Jet wird gerade betankt und von den Caterern versorgt. Aber nein, er scheint im hinteren Teil auch in Flammen zu stehen! Nach genauerem Hinsehen ist es zum Glück nur der Catering-Truck, welcher brennt, aber für veritable Flammen und Rauchwolken am Flieger sorgt. Die geballte Feuerwehr-Macht des Empire, oder mindestens die des Londoner Westens rückt binnen Minuten an. Sie muss zur Kenntnis nehmen, dass der Lösch-Job bereits von den Flughafen-Kollegen vorbildlich verrichtet wurde. Die nun folgende Dokumentation verzögert den geplanten Abflug um mehr als zwei Stunden. Der Bar am Terminal beschert sie Sonder-Umsätze in erheblicher Höhe.

Der Jet ist unbeschädigt, wird für den Flug frei gegeben und der Flug nach Delhi ist selten entspannt. Vielleicht liegt es an den vielen besorgten Passagieren und dem quasi als Antwort darauf überaus großzügigen Alkoholausschank seitens des Bordpersonals zu Beginn des Fluges?

Ankunft in Kathmandu

Nach den zwischenzeitlichen Turbulenzen landen wir am kommenden Tage mehr als pünktlich und für meine besorgte Frankfurter Schalterangestellte unglaublich entspannt und sicher in der nepalesischen Metropole. Da ich mich im Vorfeld um nichts wirklich gekümmert habe, erfahre ich nun, dass ich für den Erwerb des Touristen-Visums – neu für mich – auch ein Foto benötige. Also nach dem Ausfüllen der Unterlagen fix Geld wechseln, dann ein überteuertes Foto machen lassen und ab an den Einreise-Schalter für das Visum. Das alles geht astronomisch schnell. Die wollen nur meine Euros und winken mich dann nur noch durch. Wofür sie das Foto benötigen kann mir auch auf Nachfrage keiner beantworten. Schon am Schalter sieht es so aus, als ob alle ausgefüllten Formulare, inklusive der mehr oder weniger befestigten und im Ergebnis nicht zuzuordnenden Fotos eh nur ein Ziel haben – den übergroßen Papierkorb.

Am Gepäckband kommt mir schon mein unverkennbar ramponierter Sack entgegen. Keine halbe Stunde nach der Landung legt mir dann draußen nach der Erledigung aller Formalitäten mein guter Freund Pasang wieder einmal den typischen Begrüßungsschal um den Hals. Auf geht es ins ewig staubige Kathmandu und in mein geliebtes Tibet Guest House im Szene-Stadtteil Thamel. Es ist zwar ein paar Tage her seit meinem letzten Besuch, aber – wohl dank Pasang – „erkennen“ sie mich alle sofort wieder und der Hauseigner selbst begrüßt mich überschwänglich per Handschlag und wirft mir erneut den unvermeidlichen Schal um. Die mit dicken Dollar-Scheinen am Tresen wirbelnden Russen sind kurzzeitig abgemeldet. Ich erhalte wie früher den Schlüssel mit der Zimmer-Nr. 209. Und ich muss schmunzeln. Das hat was, wie schon in meiner Manager-Zeit damals in München, als ich im Hotel Bauer in Feldkirchen immer die Nr. 114 bekam. Egal, wo Du gerade ist, so ein wenig bist Du dann zu Hause. Schön so.

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